Ist das Wetter gut, kommen mehr als eine Million Zuschauerinnen und Zuschauer an den Strassenrand. Ist es schlecht, kommen noch mehr. Diesen Spruch hört man vor der Flandern-Rundfahrt immer wieder. Das Rad-Monument ist für viele Belgier ein Heiligtum. Auch Filippo Colombo (25) bekam die Begeisterung der Velo-Fans am Sonntag zu spüren. «In den Aufstiegen war es so laut, dass ich die Anweisungen unseres sportlichen Leiters über Funk nicht mehr hören konnte. Einfach verrückt. Mir flog auch Bier ins Gesicht, die Euphorie war riesig. Das war einer der speziellsten Tage meiner Karriere.»
113 Kilometer fuhr Colombo in einer Ausreissergruppe an der Spitze. Das überrascht viele. Denn: Der Tessiner ist hauptberuflich Mountainbiker und sein Team Q36.5 durfte nur dank einer Wildcard starten. «Ah, du bist der Mountainbiker», habe ihm manch einer vor dem Rennen gesagt. «Und nun kennen mich einige besser», so Colombo schmunzelnd. In Wahrheit hatte er nie eine Chance, das Rennen zu gewinnen. «Das war mir bewusst. Aber es ging darum, das Trikot der Equipe zu zeigen. Das ist gelungen.»
«Ich konnte nicht mehr laufen»
Colombo will seine Leistung nicht überbewerten. Dem zweifachen Mountainbike-Weltmeister in der Staffel ist klar, dass ihm noch viel fehlt, um auch auf der Strasse zur Weltelite zu gehören. «Nach 250 der 273 Kilometer hatte ich keine Energie mehr. Ich konnte essen und trinken, so viel ich wollte – es nützte nichts. Und dann flog Tadej Pogacar am Koppenberg an mir vorbei, einfach unglaublich. Ich war im Ziel so müde, dass ich nicht einmal mehr laufen konnte. Aber ich werde dieses Rennen nie mehr vergessen.» Am Ende landete Colombo auf Platz 50 mit acht Minuten Rückstand. Insgesamt beendeten 96 das Rennen, 79 gaben auf.